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ArtificialStupidity - Künstliche Dummheit


ARD und Israel: Wie man ein Pferd von hinten aufzäumt

Ich bin kein sonderlich großer Fan von Andrea Kiewel. Allerdings hat sie sich in den letzten Tagen durch eine Aktion hervorgetan, die man als “Tacheles reden” zur Berichterstattung im Nahostkonflikt bezeichnen könnte. 

Die ARD sendet am 26.3.2019 folgenden Beitrag über schwere Angriffe von Israel auf den Gazastreifen, dazu der Kommentar von Arye Sharuz Shalicar auf Twitter als kleines Intro:

Transkript Tagesschau vom 26.3. ab 8:00:

Nach schweren Angriffen auf den Gazastreifen hat sich die Lage heute im Laufe des Tages beruhigt. Die Israelische Armee hat zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge an der Grenze zum Gazastreifen bereitgestellt. Israel hat, nach Angaben von Premierminister Netanjahu, wichtige Einrichtungen der Hamas im Gazastreifen zerstört. Man sei bereit noch mehr zu tun, sagte Netanjahu. Am Montag [am Vortag, 25.3.2019] hatte die Hamas bei einem Raketenangriff ein Haus in Israel zerstört.

Quelle (ab 8:00): http://mediathek.daserste.de/Tagesschau/tagesschau-20-00-Uhr/Video?bcastId=4326&documentId=61500832

Dazu dann Frau Kiewel in der JA:

[….]
Wenn also eine Meldung der ARD-»Tagesschau« mit »Nach schweren Angriffen der israelischen Armee« beginnt, erweckt diese Nachricht den Eindruck, Israel hätte angefangen mit den Raketen. Israel sei der Aggressor. Das ist falsch.
[…]
Und dazu gehört auch, dass man die zeitliche Reihenfolge von Geschehnissen einhält. Selbst wenn es sich um Israel handelt (Achtung: Ironie!): Zuerst beschoss Gaza Israel mit Raketen, dann verteidigte sich Israel mit einem militärischen Manöver.

Quelle: https://www.juedische-allgemeine.de/israel/liebe-kollegen/

So ist das halt bei der ARD, man löst sich erzählerisch vom schnöden zeitlichen Ablauf und bringt etwas Spannung in die ganze Sache. Wer hat wohl angefangen? Bei der ARD gerät halt gern was durcheinander, wenn es sich um die Berichterstattung über Israel handelt.

Dazu dann Kai Gniffke (ARD) am 31.3.2019:

Die Tagesschau hat am 26.3.2019 selbstverständlich darauf hingewiesen, dass die israelischen Angriffe auf den Gaza-Streifen [sic!] eine Reaktion auf den Beschuss eines Gebäudes in Israel durch die Hamas am Tag zuvor darstellt. Davon konnte sich jeder der 10 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer überzeugen. In der 28-sekündigen Meldung hieß es wörtlich: “Am Montag hatte die Hamas bei einem Raketenangriff ein Haus in Israel zerstört.” [Hervorhebungen im Original]

Quelle: https://www.facebook.com/tagesschau/photos/a.10151270623184407/10157351106659407/?type=3

Aber der Begriff “Reaktion” ist weder in Gniffkes Text noch im Beitrag zu finden. Aber egal, immer wieder der gleiche ARD-Senf. Vielleicht sollte Herr Gniffke mal darüber nachdenken, warum seine Nachrichten über Israel regelmäßig so ‘rüberkommen. Herr Gniffke zieht sich also zurück auf das Kleingedruckte.

Es ist ein wahrnehmungspsychologischer Effekt, dass der Anfang einer Nachricht die höchste Aufmerksamkeit erhält. Im Laufe der Verarbeitung des Nachrichtentextes lässt die Aufmerksamkeit nach. Daher ist es eine bewährte Technik der Nachrichtenübertragung, das Wichtigste (ggf. zusammengefasst) an den Anfang zu stellen und nicht irgendwo in einem Nebensatz zu verstecken oder vielleicht sogar ganz ans Ende zu stellen.

Dieses Verfahren, auch vieler anderer deutscher Medien, ist aber schon länger bekannt und schon vielfach kritisiert worden:

Auf verschiedenen Nachrichtenportalen finden sich Überschriften wie »Israelische Sicherheitskräfte erschießen vier Palästinenser«. Die Information, dass diese Palästinenser zuvor in einem terroristischen Akt fünf Israelis, drei Polizisten und zwei Zivilisten, mit Messern angegriffen haben, kommt erst später im Text.
[…]
Letztes Jahr blamierte sich die ARD mit einem einseitigen Beitrag über die Wasserversorgung im Westjordanland [siehe: *], der in seiner systematisch verkürzten Darstellung an Ressentiments gegenüber Israel kaum zu überbieten war.

Michaela Engelmeier, Bundestagsabgeordnete der SPD, am 24.07.2017 in der JA https://www.juedische-allgemeine.de/politik/tendenzioes-und-reisserisch/
* Wasserversorgung im Westjordanland:

Fazit: Danke, Frau Kiewiel, für die Ansage. Leider lernt man nichts dazu, bei der ARD. Außer “Framing” vielleicht  (Höhö: “Gemeinwohlmedien”).

« Woher kommt eigentlich die Gewalt? – Lamya Kaddor deutet den Antisemitismus »

Info:
ARD und Israel: Wie man ein Pferd von hinten aufzäumt ist Beitrag Nr. 2753
Autor:
Martin am 2. April 2019 um 20:06
Category:
Abgründe,Berichte über Freunde,Perlen des Qualitätsjournalismus
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